Notfallvorsorge auf Einrichtungsebene

Notfallvorsorge ist im Kontext eines allgemeinen Risikomanagements zu sehen. Risikomanagement umfasst dabei Vorkehrungen und Strategien, um 1) zuvor identifizierte Risiken möglichst zu vermeiden, 2) die Auswirkungen/Schäden in einem Notfall möglichst gering zu halten und 3) gestärkt aus vergangenen Notfällen hervorzugehen.
Sie sollten sich daher folgende Ziele setzen:
Ziel 1: Risiken minimieren
Ziel 2: Schäden im Notfall möglichst begrenzen.
Ziel 3: Aus vergangenen Notfällen zu lernen und somit gestärkt hervorzugehen.
Diese drei Ziele bilden einen Kreislauf. Sie versuchen zum einen die Risiken möglichst gering zu halten, für den Eintrittsfall bereiten Sie aber auch schon Bewältigungsstrategien vor. Wenn der Notfall bewältigt wurde, sollten Sie Ihre Erfahrungen auswerten und Ihre bisherigen Gegen- und Bewältigungsmaßnahmen auf den Prüfstand stellen. Auch, um Ihre Einrichtung gegen künftige Notfälle noch besser zu wappnen.
Ziel 1: Risikominimierung
Der erste und wichtigste Schritt bei der Notfallprävention ist die Minimierung der Eintrittswahrscheinlichkeit von Notfällen. Im besten Falle sollte es nicht erst zu Notfällen in Ihrer Einrichtung kommen müssen. In diesem Abschnitt möchten wir Ihnen Werkzeige an die Hand geben, um die Risiken in Ihrer Einrichtung zu analysieren und Gegenmaßnahmen vorzunehmen, insbesondere gegen die gängigsten Gefahren wie Wasser und Baustellen .
Ein Bewusstsein für die Gefährdung der Bestände in Ihrer Einrichtung zu entwickeln, ist dabei der erste Schritt. Nur wer die Risiken kennt, kann möglichst passende Gegenmaßnahmen treffen, um diese zu verringern.
Grundlage der einrichtungsbezogenen Notfallvorsorge ist eine Risikoanalyse, d.h. eine Prüfung hinsichtlich: Welche Gefahren bestehen für meine Bestände? Und welche Gegenmaßnahmen kann ich treffen, um Schäden durch die festgestellten Risiken zu verhindern/oder zu vermindern?
Mustervorlage und Checklisten:
Zu den häufigsten Schäden, die schriftliches Kulturgut bedrohen, zählen die Wasserschäden. Selbst im Falle eines Brandes entstehen durch Löschwasser Wasserschäden. Daher möchten wir hier diese Gefährdung inklusive der dafür notwendigen Prävention gesondert hervorheben.
Zur Prävention von Wasserschäden ist es notwendig in regelmäßigen Abständen Problemstellen in der eigenen Einrichtung zu lokalisieren und Lösungen zu finden. Die Kontrolle ist besonders vor und nach angekündigten Starkregenereignissen durchzuführen.
Checklisten:
Ziel 2: Bewältigungsstrategien
Man kann leider nie gänzlich ausschließen, dass es zu einem Notfall kommt. Gewisse Risiken, wie z. B. Naturereignisse, liegen außerhalb der eigenen Kontrolle. Deshalb ist es von enormer Bedeutung im zweiten Schritt für den Eintritt von Notfällen eine Strategie zu besitzen, um auch in Ausnahmesituationen koordiniert und strukturiert handeln zu können. Nur so können Sie effektiv Schadensbegrenzung betreiben und die Auswirkungen von Notfällen reduzieren.
Hier möchten wir Ihnen als Werkzeuge den Notfallplan sowie Notfallübungen vorstellen und Ihnen bei der Erstellung bzw. der Durchführung Hilfestellungen anbieten.
Die Erstellung eines sogenannten Notfallplans ist ein zentrales Werkzeug. Dieser ist nämlich nicht nur Teil ihrer Notfallvorsorge, sondern enthält auch wichtige Elemente zur Notfallbewältigung. Denn gerade im Ernstfall, der eine Stresssituation darstellt, ist es wichtig, die notwendigen Abläufe und Schritte zu kennen, d.h. zu wissen, wie man beschädigtes Kulturgut erstversorgt und den Überblick über die Situation behält.
Die Vorarbeiten für einen Notfallplan sind nicht zu unterschätzen. Planen Sie dafür genügend Zeit und Kapazitäten ein. Wenn es möglich ist, suchen Sie sich Mitstreiterinnen und Mitstreiter in Ihrer Einrichtung und stellen Sie eine Notfallgruppe im Haus zusammen.
Sind Sie eine 1-Personen-Einrichtung, gibt es externe Unterstützungsmöglichkeiten z.B. durch externe Restauratorinnen und Restauratoren, auch im Rahmen eines Förderantrags. Bei der Suche unterstützen wir Sie gerne.
Beachten Sie, dass der Notfallplan regelmäßig zu aktualisieren ist, da sich Risiken, Kontaktdaten und auch die zur Verfügung stehenden Mittel mit der Zeit ändern können!
Mustervorlagen und Checklisten:
- Mustervorlage Notfallpläne
- Checklisten zur Erstellung eines Notfallplans (Datei folgt)
Abgesehen von Großschadensereignissen sind kleinere „alltägliche“ Notfälle wie Wasserschäden durch schadhafte Rohre oder Starkregen immer möglich. Neben der konzeptionellen Aufgabe der Erstellung eines Notfallplans, ist es auch wichtig für eine schnelle Reaktion im Ernstfall einen Vorrat an Materialien zur Erstversorgung vorrätig zu haben. Durch die Ausstattung mit Notfallboxen können Sie unmittelbar aktiv werden und die Erstversorgung starten. So sind Folgeschäden und Verluste vermeidbar oder können möglichst gering gehalten werden.
Es haben sich zu dem Zweck modular aufgebaute Notfallsets bewährt. Diese enthalten Basismaterialien zur Erstversorgung für kleinere Notfälle (z. B. Wasserschäden), zum Eigenschutz der Erstversorgenden, für das korrekte Verpacken durchnässter Akten oder Bücher und für die Dokumentation.
Ein Beispiel für die Zusammenstellung einer solchen Notfallbox bietet das unten verlinkte LBE-Notfallset. Beachten Sie, dass dieses nur ein Beispiel für eine Zusammenstellung darstellt und von der LBE nicht vertrieben wird.
Handreichung und Beispiel:
Wenn nun tatsächlich der Notfall eintritt, ist es wichtig praktische Kenntnisse zur Erstversorgung zu besitzen. Für die Einarbeitung in die notwendigen Schritte der Erstversorgung können Sie unten angegebene Handreichungen zu Rate ziehen.
Das erlangte Wissen muss aber auch unbedingt regelmäßig eingeübt werden. Dafür ist der Besuch oder die eigene Durchführung von Notfallübungen für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zentral.
Notfallübungen werden auch regelmäßig von der LBE als Fortbildung angeboten.
Handreichungen:
Eine nachvollziehbare und lückenlose Dokumentation ist wichtig, damit jederzeit ersichtlich ist, wo sich die Bestände/Objekte befinden. Dies ist vor allem bedeutsam, wenn die Bestände zum Einfrieren und für die Folgemaßnahmen zu unterschiedlichen Dienstleistern gehen.
Die genaue Art und Weise der Dokumentation muss je nach Einzelfall und den Bedürfnissen und Voraussetzungen geprüft werden. Es empfiehlt sich, sich bereits bei der Notfallvorsorge Gedanken darüber zu machen, welche Informationen in der Dokumentation für die Einrichtung vorhanden sein sollten.
Als Mustervorlagen und Materiallisten können Sie zur Orientierung die Angegebenen verwenden.
Mustervorlage und Materialliste:
Ziel 3: Nachbereitung von Notfällen
Wenn der Notfall überstanden ist, ist die Arbeit noch nicht getan. Abgesehen von der Beseitigung erzeugter Schäden, darf die Nachbereitung nicht vergessen werden. Hierfür sollten Sie Ihr Vorgehen evaluieren. Wie kam es zum Notfall? Haben die Gegenmaßnahmen ausgereicht oder besteht Nachbesserungsbedarf? Diese Fragen müssen Sie sich stellen, um für den nächsten Notfall in Ihrer Einrichtung Resilienz aufzubauen.