Die Hippologische Sammlung der Pfalzgrafen von Pfalz-Birkenfeld
Gebissbuch, 17. Jh., Signatur Hs 8A © LBZ
Wie die meisten Wittelsbacher hatten auch die Mitglieder der Pfalz-Zweibrücker Nebenlinie eine besondere Vorliebe für Bücher, welche durchaus nicht nur als Repräsentationsobjekte angeschafft wurden, sondern auch als Informations- und Arbeitsmaterial, das half, zeitgenössisch relevante Fragestellungen zu lösen.
Von der in der Pfalz entstandenen bedeutendsten Bibliothek, jener der Hauptlinie in Zweibrücken, zeugt wegen der Zerstörung im Dreißigjährigen Krieg und der Wegführung (1677) in Folge der Reunionskriege nur noch ein Teilkatalog von ihrer ehemaligen Bedeutung. Dagegen ist die Büchersammlung des jüngsten Sohnes Herzog Wolfgangs (1526-1569), Pfalzgraf Karl I. von Pfalz-Birkenfeld (1560-1600), heute noch fast vollständig als historischer Bestand der Bibliotheca Bipontina, einem der Standorte des Landesbibliothekszentrums Rheinland-Pfalz, erhalten.
Das Testament des Begründers verpflichtete seine Nachfahren zur Pflege und Erweiterung der beträchtlichen Büchersammlung. Diese kam nach dem Aussterben der Zweibrücker Hauptlinie aus Birkenfeld über Bischweiler nach Zweibrücken und wurde auch dort stetig erweitert. Hochgeschätzt wegen ihres bibliophilen Wertes, wurde diese Bibliothek während des Zweiten Weltkrieges ausgelagert und ist heute das einzige vollständig erhaltene Zeugnis der einst an Kunstschätzen so reichen Residenzstadt, die am 14. März 1945 fast vollständig zerstört wurde.
Pfalzgraf Karls Nachfahren hielten sich an das Vermächtnis des Bibliotheksgründers und erweiterten die Büchersammlung je nach den Bedürfnissen der Zeit, aber auch ihren eigenen Vorlieben. So entstand eine über Generationen genuin gewachsene Bibliothek, welche die Interessen und Probleme von über drei Jahrhunderten widerspiegelt.
Selbstverständlich dokumentiert diese Büchersammlung auch den hohen Stellenwert, den Pferde früher sowohl als Nutztiere, aber auch als wertvolle Liebhaber- oder Repräsentationsobjekte der Landesherren innehatten.
Betrachtet man die facettenreiche hippologische Sammlung der Pfalz-Birkenfelder Pfalzgrafen, so nimmt es nicht Wunder, dass später von diesem Fürstenhaus das traditionsreiche Zweibrücker Gestüt gegründet wurde, in dem der „Zweibrücker“, jene Pferderasse gezüchtet wurde, die auch heute noch, weit über die Region hinaus, ihre Interessenten hat.
Unter den Pferdeliebhabern in der pfalzgräflichen Familie fällt besonders der Sohn Karls, Georg Wilhelm (1591-1669), auf, dessen eigenhändige Unterschrift zahlreiche der erhaltenen hippologischen Bücherschätze als sein Eigentum deklarierte. Hierzu gehören Handschriften mit Rezepten zur Behandlung von Pferdekrankheiten, handkolorierte illustrierte Bände über Pferderassen, die unter vielem anderen Farbmerkmale und Charaktereigenschaften der Tiere in Beziehung setzen, aber auch die Klassiker der Pferdeliteratur wie Xenophon, Federico Griso, Kaspar Reuschel, Hans Friedrich Hörwarth von Hohenburg oder Jacques de Solleysen. Unter den zahlreichen Ausgaben zur Abrichtung von Pferden stechen Antoine des Pluvinels „Instructions“ (Merian 1670) mit prächtigen Kupferstichen hervor.
Ein Faible hatten die fürstlichen Pferdefreunde offensichtlich für Gebissbücher, die in vielfachen Exemplaren sowohl in Form von Handschriften als auch Drucken in der Sammlung existieren. Sie zeigen dem heutigen Reiter oft befremdliche, mit großem kunsthandwerklichem Können gefertigte Disziplinierungsinstrumente, die vor allem auch im Dienste fürstlichen Repräsentationsbedürfnisses standen.
Aus konservatorischen Gründen sind die hippologischen Bücherschätze des LBZ/Bibliotheca Bipontina im Magazin verwahrt, sie können jedoch nach rechtzeitiger Terminvereinbarung interessierten Gruppen präsentiert werden.